Jürgen Kißner (* 18. August 1942 in Luckau, Brandenburg; † 18. Mai 2019[1] in Köln[2]) war ein deutscher Radrennfahrer und Sportlehrer.
Jürgen Kißner begann in der DDR 1956 bei der Polizeisportgemeinschaft SG Dynamo Cottbus mit dem Radsport und gewann in der Folge 50 Jugendrennen auf Straße und Bahn. Im Jahre 1960 wurde er DDR-Jugendmeister in der Einerverfolgung über 2000 Meter und fuhr als Ersatzmann für die Verfolgungs-Mannschaft zu den Olympischen Spielen in Rom, kam aber nicht zum Einsatz. 1963 wurde er zum TSC Berlin, dem Ost-Berliner Trainingsstützpunkt für die Bahnradsportler, delegiert; anschließend wurde er zweimal DDR-Meister mit dem Bahnvierer.
Nach einem Ausscheidungsrennen zwischen den Mannschaften der Bundesrepublik und der DDR für die gesamtdeutsche Mannschaft bei den Olympischen Spielen im Jahre 1964 kehrte Kißner nicht in die DDR zurück, sondern blieb in Köln.
Der Radsportverband der DDR forderte von der UCI eine vierjährige Sperre Kißners, um zu verhindern, dass er bei den kommenden Olympischen Spielen für die Bundesrepublik antreten konnte. Die UCI kam dieser Forderung jedoch nicht nach.[3] Nach einer halbjährigen Sperre konnte Jürgen Kißner für den Bund Deutscher Radfahrer wieder Rennen fahren. Mit dem Bahn-Vierer belegte er 1966 bei den Bahn-Weltmeisterschaften den zweiten und 1967 den dritten Platz. 1966 wurde er bundesdeutscher Meister in der Einerverfolgung und im Omnium, im Jahr darauf erneut im Omnium.[4]
Kissner fuhr im Winter erfolgreich Sechstagerennen für Amateure, die zu jener Zeit im Rahmenprogramm fast aller deutschen Bahnen ausgetragen wurden. Mit seinem Partner Ingo Rossbach gewann er im Januar 1967 das Rennen in Köln.[5]
Bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko-Stadt berührte Kißner im Finale der Vierer-Verfolgung seinen Mannschaftskollegen Karl-Heinz Henrichs, um eine Kollision zu vermeiden, wie er später sagte. Daraufhin wurde der Vierer (mit Henrichs, Udo Hempel und Karl Link unter Trainer Gustav Kilian) zunächst disqualifiziert, da dies von der Jury als unerlaubtes „Anschieben“ interpretiert wurde. Ein Jahr später wurde dem deutschen Bahnrad-Vierer nachträglich die Silbermedaille zugesprochen.[6]
Kissner startete auch bei Straßenrennen; hierbei gelang ihm Anfang Mai 1967 der Sieg im traditionsreichen Rund um Köln, als er kurz vor dem Ziel die Straßenspezialisten mit einem erfolgreichen Ausreißversuch überraschte.[7]
Neben seiner radsportlichen Karriere studierte Jürgen Kißner ab 1964 an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Von 1969 an arbeitete er als Landestrainer in Nordrhein-Westfalen und begleitete als Betreuer die Radsportler Udo Hempel und Günther Schumacher zu den Olympischen Spielen 1972 in München. Von 1972 bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2007 war er Lehrer für Sport und Biologie an der Gesamtschule in Köln-Rodenkirchen und begründete dort eine Ruder- sowie eine Radsport-AG. Zeitgleich rief er einen „Freundeskreis Radsport“ an der Kölner Sporthochschule ins Leben. Aus diesem Engagement entstand schließlich das Fach Radsport, dessen erster Dozent Jürgen Kißner wurde. Im Dezember 2012 wurde sein 70. Geburtstag sowie das 45-jährige Bestehen des Faches Radsport an der Sporthochschule mit der Veranstaltung „Radsport früher und heute“ gefeiert.[8] Auch nach seiner Verrentung war Kissner weiterhin als Lehrbeauftragter an der Sporthochschule aktiv, 2018 wurde er in seiner Tätigkeit als Tutor für den Bahnradsport ausgezeichnet.[9] Bis wenige Tage vor seinem Tod war Kißner als Trainer auf der Albert-Richter-Bahn in Köln aktiv.[2]
Kißner verstarb am 18. Mai 2019 und wurde auf dem Friedhof in Köln-Meschenich beigesetzt.[10]
2011 wurden Leben und Flucht von Jürgen Kißner aus der DDR in der Ausstellung „ZOV Sportverräter – Spitzenathleten auf der Flucht“ im Berliner Willy-Brandt-Haus dargestellt.[11][12]
1963
1964
1966
1967
1968
1948 Gerhard Stubbe | 1949 Willy Schäfer | 1950 Theo Intra | 1951–1953 Hans Schliebener | 1954 Fritz Neuser | 1955 Heinz Beeckers | 1956 Klaus Bugdahl | 1957, 1960, 1961 Hans Mangold | 1958 Hans Jaroszewicz | 1959 Rudi Altig | 1962 Klaus May | 1963 Lothar Spiegelberg | 1964 Lothar Claesges | 1965 Peter Steiner | 1966 Jürgen Kißner | 1967–1969, 1971, 1973 Rupert Kratzer | 1970, 1972 Hans Lutz | 1974 Dietrich Thurau | 1975, 1976 Gregor Braun | 1977 Günther Schumacher | 1978, 1979 Jörg Echtermann | 1980 Josef Kristen | 1981, 19183 Rolf Gölz | 1982, 1985 Roland Günther | 1984 Ingo Wittenborn | 1985 Günther Schumacher | 1987 Reinhard Alber | 1988 Thomas Dürst | 1989, 1991 Andreas Walzer | 1990 Michael Glöckner | 1992 Jens Lehmann
Folgende Ergebnisse unter Deutsche Meister in der Einerverfolgung (Elite).
1961, 1962 Klemens Großimlinghaus | 1963 Klaus Kobusch | 1964, 1965 Karl-Heinz Henrichs | 1966, 1967 Jürgen Kißner | 1968, 1971 Udo Hempel | 1969 Peter Vonhof | 1970, 1972 Günter Haritz | 1973, 1981 Günther Schumacher | 1974, 1975, 1978 Wolfgang Schäffer | 1976 Otto Steins | 1977 Robert Lange | 1979 Horst Gewiss | 1980, 1983 Josef Kristen | 1982 Henry Rinklin | 1984 Volker Diehl
Personendaten | |
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NAME | Kißner, Jürgen |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Radrennfahrer |
GEBURTSDATUM | 18. August 1942 |
GEBURTSORT | Luckau |
STERBEDATUM | 18. Mai 2019 |
STERBEORT | Köln |