Helmut Recknagel (* 20. März 1937 in Steinbach-Hallenberg) ist ein ehemaliger DDR-Skispringer. Er gilt als einer der erfolgreichsten deutschen Sportler dieser Disziplin. Er gewann dreimal die Vierschanzentournee.
Helmut Recknagel ![]() | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
![]() Recknagel beim Oster-Skispringen in Oberwiesenthal | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Nation | Deutschland Demokratische Republik 1949![]() | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Geburtstag | 20. März 1937 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Geburtsort | Steinbach-Hallenberg, Deutsches Reich | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Karriere | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Verein | SC Motor Zella-Mehlis | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Trainer | Hans Renner | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Nationalkader | seit 1955 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Status | zurückgetreten | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Karriereende | 1964 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Medaillenspiegel | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Skisprung-Weltcup / A-Klasse-Springen | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Vierschanzentournee | 1. (1957/58, 1958/59, 1960/61) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Recknagel wurde im Sommer 1954 von Hans Renner als Skispringer angeworben und nahm das Angebot aufgrund des Rats seines Vaters an.[1] Erst wurde er in Zella-Mehlis und danach in Oberhof ausgebildet. Im März 1955 nahm er an seinem ersten Turnier in Oberstdorf an der Skiflugwoche teil. Er belegte bei diesem Turnier den 27. Rang.[2]
Seinen ersten großen internationalen Erfolg feierte der für den SC Motor Zella-Mehlis startende Recknagel am 3. März 1957 auf dem traditionellen Holmenkollbakken in Oslo. Dort durfte er als noch 19-jähriger Springer nur mit einer Ausnahmegenehmigung starten. Bei dichtem Nebel siegte er als erster Nicht-Skandinavier auf dieser Schanze. Er betrachtet dies als wichtigsten Sieg seiner Laufbahn.
Während der Eröffnungszeremonie für die Olympischen Winterspiele 1960 im US-amerikanischen Squaw Valley, bei denen eine gesamtdeutsche Mannschaft antrat, trug mit Recknagel erstmals ein deutscher Skispringer die Fahne. Im Wettbewerb gewann er die Goldmedaille mit dem damals noch üblichen Stil, die Arme in „Superman-Pose“ nach vorne ausgestreckt. Damit war er nach fünf norwegischen und einem finnischen Springer der erste deutsche Olympiasieger im Skispringen. Im selben Jahr erhielt er die Holmenkollen-Medaille und war damit der erste Preisträger, der nicht aus einem der nordischen Länder Norwegen, Schweden oder Finnland kam.
1962 siegte Recknagel in Zakopane überlegen bei der Skisprung-Weltmeisterschaft und wurde zum DDR-Sportler des Jahres gewählt. Er wandte damals offensichtlich Trainingsmethoden an, welche erst danach von anderen Springern (vor allem aus anderen Ländern) übernommen wurden, denn er trainierte im Sommer auf Kunststoffmatten.[3] Eine Woche nach der WM gewann er zum fünften Mal die internationale Skiflugwoche am Kulm bei Tauplitz - Bad Mitterndorf mit einer persönlichen Bestweite von 136 Metern. Er siegte bereits bei den Flugwochen 1958[4] und 1961 in Oberstdorf sowie 1957 und 1960 in Planica. 1959 wurde er Zweiter der Skiflugwoche am Kulm und 1963 in Planica Vierter der Gesamtwertung.1964 startete Recknagel nochmals bei den Olympischen Winterspielen in Innsbruck und belegte die Plätze sechs (Normalschanze) und sieben (Großschanze).
Recknagel gewann außerdem dreimal (1958, 1959 und 1961) die prestigeträchtige Vierschanzentournee, was nach ihm nur Bjørn Wirkola, Jens Weißflog (vier Siege), Janne Ahonen (fünf Siege) und Kamil Stoch schafften. 1959, 1962 und 1963 gewann er zudem die DDR-Meisterschaften.[5]
Seinen letzten Sprunglauf bestritt er im März 1964 beim „Freie Presse“-Pokal in Oberwiesenthal. Damals ahnte er noch nicht, dass dies sein letzter Wettkampf sein sollte. Nach einem Gespräch mit seinem Trainer Hans Renner entschied er sich im Mai 1964 seine Karriere zu beenden.
Recknagel spielte vor 1954 auch Fußball in der Jugendmannschaft der Sportgemeinschaft Steinbach-Hallenberg.[6] Ein Angebot, in der Oberligamannschaft des BSG Turbine Halle zu spielen, lehnte er aber ab, da er lieber in Westdeutschland für den 1. FC Kaiserslautern spielen wollte.[7]
Recknagel wurde in Steinbach-Hallenberg als Sohn eines Zangenmachers geboren.[8] Im Sommer 1951 erlernte er den Beruf eines Werkzeugmachers in Herges-Hallenberg.[9] Am 29. August 1953 erhielt er sein Facharbeiterzeugnis.[10] Er war danach als Messtechniker bei der Thüringer Kugellagerfabrik angestellt.[11] Noch während seiner aktiven Zeit als Skispringer bestand er die Sonderreifeprüfung bei der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät an der deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) in Leipzig. Danach begann er ein Studium an der DHfK, welches er jedoch vorzeitig abbrach, da er nicht mehr Diplomsportlehrer bzw. Trainer werden wollte.[11]
Nach seiner Sportkarriere begann er Veterinärmedizin zu studieren und schloss das Studium am 20. März 1970 mit der Note „gut“ ab.[12] Am 1. April 1971 erfolgte die Approbation als Tierarzt. Nach Pflichtassistenzen in Gorgast und Berlin promovierte er 1973 mit einer pharmakologischen Untersuchung an Albino-Ratten.[13] Seit April 1974 leitete er die Veterinärhygiene-Inspektion im Kreis Fürstenwalde.[14]
Er war von 1970 bis 1990 Mitglied des NOK der DDR, 1990 des NOK für Deutschland. In dieser Funktion war er von 1973 bis 1995 internationaler Sprungrichter. Am 1. November 1990 wurde er als Hygienetierarzt in Fürstenwalde entlassen[15] und arbeitete nach längerer Arbeitslosigkeit für eine Versicherung im Westteil Berlins.[16] Am 31. Oktober 1996 eröffnete er ein Sanitätshaus in Berlin-Prenzlauer Berg,[17] welches er bis 2009 selbst betrieb.[18] Seit 1962 ist Helmut Recknagel verheiratet; er hat eine Tochter, zwei Enkelkinder und lebt in Berlin-Friedrichshain.
Helmut Recknagel war in der DDR ein Sportidol, so z. B. für Hans-Georg Aschenbach und Jens Weißflog. Spätere kommerzielle Entwicklungen im Skispringen sah er kritisch und bemerkte im Bezug auf Sven Hannawald: „Er war ein einzigartiges, begnadetes Talent. Zugleich aber sah ich, wie der Erwartungsdruck stetig stieg. [...] Da waren die Medien, und da waren die Sponsoren, die ihre Firmenabzeichen auf jede freie Stelle am schmächtigen Körper, an Helm und Bretter pappten. Sie verwandelten den Sportler zur lebenden Litfaßsäule.“[19]
Im Frühjahr 2007 feierte Recknagel seinen 70. Geburtstag, zu dem auch seine Autobiografie erschien. Im selben Jahr beging er auch den 50. Jahrestag seines Erfolgs in Oslo. Zu diesem Anlass war er im März Ehrengast beim Springen am Holmenkollen und übergab dem dortigen Skimuseum die Sprungski, mit denen er 1957 seinen Erfolg errang.
Schanze | Ort | Land | Weite | aufgestellt am | Rekord bis |
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Bloudkova velikanka (K120) | Planica | Slowenien![]() | 120,0 m | 8. März 1957 | 9. März 1957 |
Bloudkova velikanka (K120) | Planica | Slowenien![]() | 124,0 m | 9. März 1957 | 25. März 1960 |
Bloudkova velikanka (K120) | Planica | Slowenien![]() | 124,5 m | 25. März 1960 | 27. März 1960 |
Bloudkova velikanka (K120) | Planica | Slowenien![]() | 127,5 m | 25. März 1960 | 25. März 1966 |
Recknagel erhielt mehrmals den Vaterländischen Verdienstorden der DDR, darunter erstmals 1958 in Bronze, 1962 in Silber und 1970 in Gold.[21]
Am 20. Mai 2011 wurde Helmut Recknagel in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen.[22][23]
Am 20. Mai 2017 hat der Bad Freienwalder Wintersportverein seine Schanze im Beisein des Namensgebers in Kurstadtschanze „Helmut Recknagel“ umgetauft. Es ist die erste Schanzenanlage, die den Namen des mehrfachen Olympiasiegers, Weltmeisters und Vierschanzentournee-Siegers trägt.[24]
1924: Norwegen Jacob Tullin Thams |
1928: Norwegen
Alf Andersen |
1932: Norwegen
Birger Ruud |
1936: Norwegen
Birger Ruud |
1948: Norwegen
Petter Hugsted |
1952: Norwegen
Arnfinn Bergmann |
1956: Finnland
Antti Hyvärinen |
1960: Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch
Helmut Recknagel |
1964: Norwegen
Toralf Engan |
1968: Sowjetunion 1955
Wladimir Beloussow |
1972: Polen 1944
Wojciech Fortuna |
1976: Osterreich
Karl Schnabl |
1980: Finnland
Jouko Törmänen |
1984: Finnland
Matti Nykänen |
1988: Finnland
Matti Nykänen |
1992: Finnland
Toni Nieminen |
1994: Deutschland
Jens Weißflog |
1998: Japan
Kazuyoshi Funaki |
2002: Schweiz
Simon Ammann |
2006: Osterreich
Thomas Morgenstern |
2010: Schweiz
Simon Ammann |
2014: Polen
Kamil Stoch |
2018: Polen
Kamil Stoch |
2022: Norwegen
Marius Lindvik
1924: Jacob Tullin Thams | 1925: Wilhelm Dick | 1926: Jacob Tullin Thams | 1927: Tore Edman | 1928: Alf Andersen | 1929: Sigmund Ruud | 1930: Gunnar Andersen | 1931: Birger Ruud | 1932: Birger Ruud | 1933: Marcel Reymond | 1934: Kristian Johansson | 1935: Birger Ruud | 1936: Birger Ruud | 1937: Birger Ruud | 1938: Asbjørn Ruud | 1939: Josef Bradl | 1941: Paavo Vierto (inoffiziell) | 1948: Petter Hugsted | 1950: Hans Bjørnstad | 1952: Arnfinn Bergmann | 1954: Matti Pietikäinen | 1956: Antti Hyvärinen | 1958: Juhani Kärkinen | 1960: Helmut Recknagel | 1962: Helmut Recknagel | 1964: Toralf Engan | 1966: Bjørn Wirkola | 1968: Wladimir Beloussow | 1970: Gari Napalkow | 1972: Wojciech Fortuna | 1974: Hans-Georg Aschenbach | 1976: Karl Schnabl | 1978: Tapio Räisänen | 1980: Jouko Törmänen | 1982: Matti Nykänen | 1985: Per Bergerud | 1987: Andreas Felder | 1989: Jari Puikkonen | 1991: Franci Petek | 1993: Espen Bredesen | 1995: Tommy Ingebrigtsen | 1997: Masahiko Harada | 1999: Martin Schmitt | 2001: Martin Schmitt | 2003: Adam Małysz | 2005: Janne Ahonen | 2007: Simon Ammann | 2009: Andreas Küttel | 2011: Gregor Schlierenzauer | 2013: Kamil Stoch | 2015: Severin Freund | 2017: Stefan Kraft | 2019: Markus Eisenbichler | 2021: Stefan Kraft
1953: Josef Bradl | 1953/54: Olaf B. Bjørnstad | 1954/55: Hemmo Silvennoinen | 1955/56: Nikolai Kamenski | 1956/57: Pentti Uotinen | 1957/58: Helmut Recknagel | 1958/59: Helmut Recknagel | 1959/60: Max Bolkart | 1960/61: Helmut Recknagel | 1961/62: Eino Kirjonen | 1962/63: Toralf Engan | 1963/64: Veikko Kankkonen | 1964/65: Torgeir Brandtzæg | 1965/66: Veikko Kankkonen | 1966/67: Bjørn Wirkola | 1967/68: Bjørn Wirkola | 1968/69: Bjørn Wirkola | 1969/70: Horst Queck | 1970/71: Jiří Raška | 1971/72: Ingolf Mork | 1972/73: Rainer Schmidt | 1973/74: Hans-Georg Aschenbach | 1974/75: Willi Pürstl | 1975/76: Jochen Danneberg | 1976/77: Jochen Danneberg | 1977/78: Kari Ylianttila | 1978/79: Pentti Kokkonen | 1979/80: Hubert Neuper | 1980/81: Hubert Neuper | 1981/82: Manfred Deckert | 1982/83: Matti Nykänen | 1983/84: Jens Weißflog | 1984/85: Jens Weißflog | 1985/86: Ernst Vettori | 1986/87: Ernst Vettori | 1987/88: Matti Nykänen | 1988/89: Risto Laakkonen | 1989/90: Dieter Thoma | 1990/91: Jens Weißflog | 1991/92: Toni Nieminen | 1992/93: Andreas Goldberger | 1993/94: Espen Bredesen | 1994/95: Andreas Goldberger | 1995/96: Jens Weißflog | 1996/97: Primož Peterka | 1997/98: Kazuyoshi Funaki | 1998/99: Janne Ahonen | 1999/2000: Andreas Widhölzl | 2000/01: Adam Małysz | 2001/02: Sven Hannawald | 2002/03: Janne Ahonen | 2003/04: Sigurd Pettersen | 2004/05: Janne Ahonen | 2005/06: Janne Ahonen & Jakub Janda | 2006/07: Anders Jacobsen | 2007/08: Janne Ahonen | 2008/09: Wolfgang Loitzl | 2009/10: Andreas Kofler | 2010/11: Thomas Morgenstern | 2011/12: Gregor Schlierenzauer | 2012/13: Gregor Schlierenzauer | 2013/14: Thomas Diethart | 2014/15: Stefan Kraft | 2015/16: Peter Prevc | 2016/17: Kamil Stoch | 2017/18: Kamil Stoch | 2018/19: Ryōyū Kobayashi | 2019/20: Dawid Kubacki | 2020/21: Kamil Stoch | 2021/22: Ryōyū Kobayashi
1953–61: Täve Schur | 1962: Helmut Recknagel | 1963: Klaus Ampler | 1964: Klaus Urbanczyk | 1965: Jürgen May | 1966: Frank Wiegand | 1967–71: Roland Matthes | 1972: Wolfgang Nordwig | 1973: Roland Matthes | 1974: Hans-Georg Aschenbach | 1975: Roland Matthes | 1976: Waldemar Cierpinski | 1977: Rolf Beilschmidt | 1978: Udo Beyer | 1979: Bernd Drogan | 1980: Waldemar Cierpinski | 1981: Lothar Thoms | 1982: Bernd Drogan | 1983: Uwe Raab | 1984: Uwe Hohn | 1985: Jens Weißflog | 1986: Olaf Ludwig | 1987: Torsten Voss | 1988: Olaf Ludwig | 1989: Andreas Wecker
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Sommer |
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Winter |
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Personendaten | |
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NAME | Recknagel, Helmut |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Skispringer |
GEBURTSDATUM | 20. März 1937 |
GEBURTSORT | Steinbach-Hallenberg |