Paavo Johannes Nurmi [ˈpɑːvɔ ˈnurmi] (* 13. Juni 1897 in Turku; † 2. Oktober 1973 in Helsinki) war ein finnischer Leichtathlet. Er gilt als einer der bedeutendsten Athleten überhaupt. Zwischen 1920 und 1928 gewann er bei Olympischen Spielen neun Goldmedaillen. Paavo Nurmi lief bis 1931 insgesamt 24 Weltrekorde von 1500 Metern bis zum Stundenlauf (19.210 m).
Paavo Nurmi | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Voller Name | Paavo Johannes Nurmi | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Nation | Finnland Finnland | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Geburtstag | 13. Juni 1897 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Geburtsort | Turku | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Sterbedatum | 2. Oktober 1973 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Sterbeort | Helsinki | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Karriere | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Disziplin | Mittelstreckenlauf, Langstreckenlauf | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Bestleistung | 3:52,6 min (1500 m) 14:28,2 min (5000 m) 30:06,1 min (10.000 m) 9:31,2 min (3000 m Hindernis) | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Verein | Turun Urheiluliitto | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Medaillenspiegel | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Der aus einfachen Verhältnissen stammende Nurmi wurde als zweites Kind des Kleinbauern und späteren Zimmermanns Johan Frederik Nurmi und dessen Frau Matilda Vilhelmina 1897 in Turku geboren.[1][2][3] Schon als Kind musste er zum Unterhalt seiner Familie beitragen, indem er schwere Arbeiten wie Holzhacken oder Wasserlieferungen erledigte, da sein Vater bereits 1910 im Alter von 49 Jahren gestorben war. Doch reichte sein karger Lohn wohl für ein Paar echter Laufschuhe. Als er mit gerade einmal elf Jahren die 1500 Meter in fünf Minuten lief, erkannte man sein Talent. Später trat er nicht zuletzt auch aufgrund der Erfolge von Hannes Kolehmainen bei den Olympischen Spielen 1912 in Stockholm dem Verein Turun Urheiluliitto (deutsch: Turkuer Sportvereinigung) bei und wurde von Lauri Pihkala trainiert. Nurmi sollte bis zu seinem Lebensende diesem Verein angehören.[2] Nurmis Training war durch seinen Stillauf mit der Stoppuhr in der Hand geprägt. Er achtete auf Laufökonomie und Renngeschwindigkeit. Das Terrassentraining nach Pihkala kann als eine Vorform des Intervalltraining angesehen werden.[4]
Bei den Olympischen Spielen 1920 in Antwerpen gelang Nurmi der große Durchbruch: Er gewann Gold über die 10.000 Meter, den Geländelauf sowie die Teamwertung im Geländelauf zusammen mit Heikki Liimatainen und Teodor Koskenniemi. Nur beim 5000-Meter-Lauf musste er sich dem Franzosen Joseph Guillemot geschlagen geben.
Wegen des Zeitplans der olympischen Laufwettbewerbe – die Läufe über 1500 und 5000 Meter waren für den 10. Juli angesetzt – testete er dies am 19. Juni 1924 in Helsinki und brach innerhalb einer Stunde beide Weltrekorde über diese Distanzen (3:52,6 min bzw. 14:28,2 min). Diese Olympischen Spiele 1924 in Paris sollten zum Höhepunkt in Nurmis Karriere werden. Innerhalb von 4 Tagen konnte er 5 Goldmedaillen gewinnen: am 10. Juli gewann er innerhalb von 2 Stunden zunächst über 1500 Meter und anschließend über 5000 Meter. Am 12. Juli fand der als Hitzeschlacht von Colombes in die Sportgeschichte eingegangene Crosslauf über 10,65 km statt, wo er überlegen Einzelsieger wurde und mit Ville Ritola und Heikki Liimatainen die Mannschaftswertung gewann. Am Tag darauf folgte noch der Sieg im 3000-Meter-Mannschaftslauf zusammen mit Ritola und Elias Katz. Nurmi war verärgert und enttäuscht darüber, dass ihm von den finnischen Funktionären die Chance verwehrt wurde, seinen Olympiasieg im 10.000-Meter-Lauf zu wiederholen. Da dieser Wettbewerb bereits am 6. Juli und auch ohne Vorläufe stattfand, kann über die Beweggründe nur spekuliert werden. Die meistens überlieferte Begründung, man befürchtete eine Überlastung Nurmis, kann bezweifelt werden, da Ville Ritola einen Wettbewerb mehr bestritten hat. Vermutlich ging es dem Verband darum, möglichst viele Siege einzufahren; zweite und dritte Plätze hatten damals noch nicht den heutigen Stellenwert. Nurmi unterbot am 31. August 1924 in Kuopio die Zeit von Ritola um 17 Sekunden mit der neuen Weltrekordzeit von 30:06,2 min.
Die unglaublichen Leistungen Nurmis werden auch dadurch unterstrichen, dass er 1925 in einer fünfmonatigen USA-Tour 48 Mittel- und Langstreckenrennen lief, Weltrekorde am laufenden Band in der Halle und im Freien unterbot und ungeschlagen blieb.[5] Auch bei den Olympischen Spielen 1928 in Amsterdam präsentierte sich Nurmi, mittlerweile 31-jährig, erneut stark und gewann über 10.000 Meter die Goldmedaille. Beim 5000-Meter-Lauf musste er sich hinter Ville Ritola mit der Silbermedaille abfinden und im 3000-Meter-Hindernislauf kam er mit einer unterlegenen Hürdentechnik hinter seinem Weltrekord laufenden Landsmann Toivo Loukola immerhin ebenfalls auf den zweiten Platz.[3] Überhaupt galten Paavo Nurmi und Ville Ritola und mit ihnen zahlreiche weitere finnische Spitzenathleten als die Phalanx im Langstreckenlauf der 1920er-Jahre und erschufen so den Mythos der „fliegenden Finnen“.
1931 machte Nurmi Werbung für das Medikament Rejuven, das heute als im Sport unerlaubtes Anabolikum gelten würde: „Ich war verblüfft, wie Rejuven den Körper stärkt und kann es Athleten mit einer langen, anstrengenden Wettkampfsaison wärmstens empfehlen.“[6] 1932 wurde er noch vor den Olympischen Spielen in Los Angeles wegen der Verletzung des Amateurstatus lebenslang gesperrt. Ihm wurde vorgeworfen, dass er zu viel Geld für Reisekosten zu einem Wettbewerb in Deutschland erhalten habe. Bis zuletzt hoffte er auf eine Aufhebung des Urteils und reiste mit einer am 26. Juni 1932 in Viipuri gelaufenen Zeit von 2:22 h über 40,2 km[7] im Rücken sogar mit der finnischen Mannschaft in die USA, um seine Karriere mit dem Gold im Marathonlauf zu krönen. Starten durfte er dennoch nicht.
Nurmi versank nach diesem und anderen persönlichen Tiefpunkten in Verbitterung. Er sah sich als Opfer eines schwedischen Komplotts, als eine Stockholmer Zeitung ungut über ihn berichtete. Seine 1932 mit Sylvi Laaksonen geschlossene Ehe, aus der ein Junge, Matti Nurmi, entsprang, der in den 1950er-Jahren im Mittelstreckenbereich zur erweiterten finnischen Spitze gehörte, wurde bereits 1935 wieder geschieden. Erst 1952 erschien er besänftigt, als er das olympische Feuer ins Stadion von Helsinki tragen durfte, was bei den IOC-Funktionären nicht gerade gerne gesehen wurde, war Nurmi doch immerhin ein auf Lebenszeit vom IOC gesperrter Sportler.
Einige Jahre ließ er sich noch als Berühmtheit herumreichen, doch sein Lebensabend wurde von Depressionen geprägt, durch die er seine Leistungen selbst minder schätzte. Nurmi erblindete beinahe, erlitt mehrere Herzinfarkte und war halbseitig gelähmt. Als er 1973 verstarb, verfasste Finnlands Staatspräsident Urho Kaleva Kekkonen – selbst früher Sportler – einen Nachruf, der mit dem Satz endete: „Er war kein glücklicher Mensch!“ Dies bestätigt auch ein Zitat von ihm: „Meine Bilanz ist nüchtern und ehrlich: Ich habe in meinem Leben nichts geleistet“.[8] Am 11. Oktober 1973 erhielt Nurmi ein Staatsbegräbnis. Von der Alten Kirche in Helsinki wurde er per Autokolonne zum Alten Friedhof in Turku überführt und in einem Familiengrab beigesetzt.[9]
Anmerkung: In den Teamwettbewerben waren jeweils sechs finnische Läufer am Start, aufgeführt sind nur diejenigen, die in die Wertung eingingen.
1896: Vereinigtes Konigreich 1801 Edwin Flack | 1900: Vereinigtes Konigreich 1801 Charles Bennett | 1904: Vereinigte Staaten 45 James Lightbody | Zwischenspiele 1906: Vereinigte Staaten 45 James Lightbody | 1908: Vereinigte Staaten 46 Mel Sheppard | 1912: Vereinigtes Konigreich 1801 Arnold Jackson | 1920: Vereinigtes Konigreich 1801 Albert Hill | 1924: Finnland Paavo Nurmi | 1928: Finnland Harri Larva | 1932: Italien 1861 Luigi Beccali | 1936: Neuseeland Jack Lovelock | 1948: Schweden Henry Eriksson | 1952: Luxemburg Josy Barthel | 1956: Irland Ron Delany | 1960: Australien Herb Elliott | 1964: Neuseeland Peter Snell | 1968: Kenia Kipchoge Keino | 1972: Finnland Pekka Vasala | 1976: Neuseeland John Walker | 1980: IOC Sebastian Coe | 1984: Vereinigtes Konigreich Sebastian Coe | 1988: Kenia Peter Rono | 1992: Spanien Fermín Cacho | 1996: Algerien Noureddine Morceli | 2000: Kenia Noah Ngeny | 2004: Marokko Hicham El Guerrouj | 2008: Kenia Asbel Kiprop | 2012: Algerien Taoufik Makhloufi | 2016: Vereinigte Staaten Matthew Centrowitz | 2020: Norwegen Jakob Ingebrigtsen
1912: Finnland Großfurstentum 1883 Hannes Kolehmainen | 1920: Dritte Französische Republik Joseph Guillemot | 1924: Finnland Paavo Nurmi | 1928: Finnland Ville Ritola | 1932: Finnland Lauri Lehtinen | 1936: Finnland Gunnar Höckert | 1948: Belgien Gaston Reiff | 1952: Tschechoslowakei Emil Zátopek | 1956: Sowjetunion 1955 Wolodymyr Kuz | 1960: Neuseeland Murray Halberg | 1964: Vereinigte Staaten Bob Schul | 1968: Tunesien 1859 Mohamed Gammoudi | 1972: Finnland Lasse Virén | 1976: Finnland Lasse Virén | 1980: Athiopien 1975 Miruts Yifter | 1984: Marokko Saïd Aouita | 1988: Kenia John Ngugi | 1992: Deutschland Dieter Baumann | 1996: Burundi Vénuste Niyongabo | 2000: Athiopien 1996 Million Wolde | 2004: Marokko Hicham El Guerrouj | 2008: Athiopien 1996 Kenenisa Bekele | 2012: Vereinigtes Konigreich Mo Farah | 2016: Vereinigtes Konigreich Mo Farah | 2020: Uganda Joshua Cheptegei
Liste der Olympiasieger in der Leichtathletik
1912: Finnland Großfurstentum 1883 Hannes Kolehmainen | 1920: Finnland Paavo Nurmi | 1924: Finnland Ville Ritola | 1928: Finnland Paavo Nurmi | 1932: Polen 1928 Janusz Kusociński | 1936: Finnland Ilmari Salminen | 1948: Tschechoslowakei Emil Zátopek | 1952: Tschechoslowakei Emil Zátopek | 1956: Sowjetunion 1955 Wolodymyr Kuz | 1960: Sowjetunion 1955 Pjotr Bolotnikow | 1964: Vereinigte Staaten Billy Mills | 1968: Kenia Naftali Temu | 1972: Finnland Lasse Virén | 1976: Finnland Lasse Virén | 1980: Athiopien 1975 Miruts Yifter | 1984: Italien Alberto Cova | 1988: Marokko Brahim Boutayeb | 1992: Marokko Khalid Skah | 1996: Athiopien 1991 Haile Gebrselassie | 2000: Athiopien 1996 Haile Gebrselassie | 2004: Athiopien 1996 Kenenisa Bekele | 2008: Athiopien 1996 Kenenisa Bekele | 2012: Vereinigtes Konigreich Mo Farah | 2016: Vereinigtes Konigreich Mo Farah | 2020: Athiopien Selemon Barega
Liste der Olympiasieger in der Leichtathletik
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5000 Meter |
1900: Großbritannien/Australien Charles Bennett, John Rimmer, Sidney Robinson, Alfred Tysoe, Stan Rowley |
4 Meilen |
1904: Vereinigte Staaten 46 Arthur Newton, George Underwood, Paul Pilgrim, Howard Valentine, David Munson |
3 Meilen |
1908: Vereinigte Staaten 48 Joe Deakin, Archie Robertson, William Coales |
3000 Meter |
1912: Vereinigte Staaten Tell Berna, Norman Taber, George Bonhag, Abel Kiviat, Louis Scott • 1920: Vereinigte Staaten Horace Brown, Arlie Schardt, Ivan Dresser • 1924: Finnland Paavo Nurmi, Ville Ritola, Elias Katz, Sameli Tala, Frej Liewendahl, Eino Seppälä |
Personendaten | |
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NAME | Nurmi, Paavo |
ALTERNATIVNAMEN | Nurmi, Paavo Johannes (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | finnischer Leichtathlet |
GEBURTSDATUM | 13. Juni 1897 |
GEBURTSORT | Turku |
STERBEDATUM | 2. Oktober 1973 |
STERBEORT | Helsinki |