Józef Szmidt (* 28. März 1935 als Josef Schmidt in Miechowitz bei Beuthen O.S.) ist ein ehemaliger polnischer Leichtathlet und zweifacher Olympiasieger deutscher Abstammung, der Anfang der 1960er Jahre der weltbeste Dreispringer war. Sein Spitzname war „schlesisches Känguru“.[1]
Józef Szmidt ![]() | |||||||||||||||||||
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Nation | Polen![]() | ||||||||||||||||||
Geburtstag | 28. März 1935 | ||||||||||||||||||
Geburtsort | Miechowitz, Deutsches Reich | ||||||||||||||||||
Größe | 184 cm | ||||||||||||||||||
Gewicht | 77 kg | ||||||||||||||||||
Beruf | Mechaniker | ||||||||||||||||||
Karriere | |||||||||||||||||||
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Disziplin | Dreisprung, Weitsprung, Sprint | ||||||||||||||||||
Bestleistung | 17,03 m (Dreisprung) 7,48 m (Weitsprung) 10,4 s (100 m) | ||||||||||||||||||
Verein | Górnik Zabrze, Śląsk Wrocław | ||||||||||||||||||
Status | zurückgetreten | ||||||||||||||||||
Karriereende | 1971 | ||||||||||||||||||
Medaillenspiegel | |||||||||||||||||||
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Józef Szmidt wurde 1935 als Bürger des Deutschen Reiches in eine deutsche Familie geboren, sein Name schrieb sich ursprünglich Josef Schmidt. Als im Frühjahr 1945 in Schlesien eine polnische Verwaltung eingerichtet wurde, blieb die Familie wie Hunderttausende anderer Einwohner des oberschlesischen Industriereviers von Vertreibung und Zwangsaussiedlung ausgespart, da die Fachkräfte in den Fabriken und kommunalen Betrieben gebraucht wurden.[2]
Nach dem „Dekret vom 10. November 1945 über die Änderung und Festlegung von Vor- und Familiennamen“ wurden die Namen polonisiert.[3] Amtlich hieß er nun „Józef Szmidt“, aus seinem älteren Bruder Eberhard wurde Edward, die Schwester Ingrid musste den Vornamen Irena annehmen. Nach eigenen Angaben sprach Szmidt ebenso wie seine Eltern bis 1945 kein Wort Polnisch.[4]
Szmidt absolvierte eine Mechanikerausbildung, konnte sich aber bald ganz dem Sporttraining widmen.
Nach Ende seiner aktiven Laufbahn äußerte er gegenüber einer Journalistin, dass er ein distanziertes Verhältnis zur Politik habe und an den nächsten Wahlen zum Sejm nicht teilnehmen werde. Diese Aussage wurde zwar nicht gedruckt, gelangte aber zu Funktionären der Arbeiterpartei und wurde von diesen als Regimekritik verstanden. Szmidt verlor die Privilegien als erfolgreicher Sportler, sein Name wurde in den Medien nicht mehr erwähnt.[5]
Angesichts dieser Entwicklung stellte er einen Ausreiseantrag in die Bundesrepublik Deutschland, nach bundesdeutschem Recht hatte er als ehemaliger Reichsbürger nie die deutsche Staatsbürgerschaft verloren. Doch wurden diese Anträge abgelehnt. Obwohl Szmidt nach eigenem Bekunden unter Beobachtung der Behörden stand, gelang es ihm 1975, in das begrenzte Fankontingent aufgenommen zu werden, das die polnische Fußballnationalmannschaft zu einem Qualifikationsspiel zur Fußball-Europameisterschaft 1976 nach Amsterdam begleiten durfte. Dabei setzte er sich von der Reisegruppe ab und fuhr in die Bundesrepublik. Seine in Polen zurückgebliebene Frau musste sich daraufhin täglich auf der örtlichen Milizstation melden. Ihr wurde gedroht, dass sie das Sorgerecht für die beiden Kinder verlieren und diese zur Zwangsadoption freigegeben würden. Es gelang ihr, die Kinder aus dem Land zu schleusen und schließlich gegen entsprechendes Schmiergeld selbst die Ausreisepapiere zu erhalten.[6]
Die Familie ließ sich in Lüdenscheid nieder. Szmidt bekam in einer dortigen Klinik eine Stelle als Physiotherapeut, dank der Vermittlung des ebenfalls deutschstämmigen früheren polnischen Mittelstreckenmeisters Stefan Lewandowski, der dort als Chirurg arbeitete. Seine Frau wurde als Operationsschwester angestellt.[7]
1994 kehrten beide nach Polen zurück. Sie kauften ein großes Grundstück unweit von Drawsko Pomorskie in Westpommern, wo sie sich fortan der Ziegenzucht und der Kultivierung von Obstbäumen widmeten. Szmidt lebt seitdem völlig zurückgezogen, Einladungen zu Ehrungen und Galaveranstaltungen ehemaliger Sportmeister hat er konsequent ausgeschlagen.[8]
Szmidt kam durch seinen älteren Bruder Edward Szmidt zur Leichtathletik, der 1956 mit der polnischen 4-mal-100-Meter-Stafette im olympischen Finale stand. 1958 übertraf Józef Szmidt als erster polnischer Dreispringer die 16-Meter-Marke. Bei der polnischen Meisterschaft in Olsztyn am 5. August 1960 sprang er mit 17,03 Meter neuen Weltrekord und war damit der erste Dreispringer, der die 17-Meter-Marke übertraf. Er gewann insgesamt zehn polnische Meistertitel in der Disziplin (1959, 1960, 1962, 1963, 1965, 1966, 1967, 1969, 1970, 1971).
1961 wurde er überdies Landesmeister im Weitsprung. Auch startete er bei Sprintwettkämpfen und errang drei Vizemeistertitel: 100 Meter (1958), 200 Meter (1953 und 1958). Bei einem Länderkampf schlug er sogar den sowjetischen Meister Edvīns Ozoliņš.[9]
Zum Jahrestag seines Dreisprung-Weltrekordes verlieh ihm 2010 die Stadt Olsztyn die Ehrenbürgerwürde.[10]
Zwischen 1958 und 1964 siegte er bei allen internationalen Titelkämpfen. Bei den Europameisterschaften 1958 in Stockholm errang er mit 16,43 Meter den Titel vor dem sowjetischen Weltrekordinhaber Oleg Rjachowski.
Am 5. August 1960 übertraf er als erster Springer mit 17,03 m die auch heute noch wertvolle 17-Meter Marke. Einen Monat später bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom gewann er mit dem olympischen Rekord von 16,81 Meter die Goldmedaille vor den beiden sowjetischen Sportlern Wladimir Gorjajew und Witold Kreyer. Auch bei den Europameisterschaften 1962 in Belgrad holte er Gold vor zwei Sowjetrussen ebenso wie bei den Olympischen Spielen in Tokio 1964. Seine wiederholten Siege über russische Rivalen haben nach seiner eigenen Einschätzung nicht wenig zu seiner Popularität bei seinen Landsleuten beigetragen.[11] In den Jahren seiner beiden Olympiasiege wurde er in Polen jeweils zum „Sportler des Jahres“ gewählt.
Er trat noch einmal bei den Olympischen Spielen 1968 an. Doch die in der Höhenluft von Mexiko-Stadt erzielten 16,89 Meter reichten nur noch für den siebten Platz. Seinen Abschied vom internationalen Sport nahm er mit 36 Jahren bei den Europameisterschaften 1971 in Helsinki, bei denen er nicht über den 11. Platz hinauskam.
1896: Vereinigte Staaten 44 James Connolly |
1900: Vereinigte Staaten 45
Meyer Prinstein & Vereinigte Staaten 45
Ray Ewry (aus dem Stand) |
1904: Vereinigte Staaten 45
Meyer Prinstein & Vereinigte Staaten 45
Ray Ewry (aus dem Stand) |
Zwischenspiele 1906: Vereinigtes Konigreich 1801
Peter O’Connor |
1908: Vereinigtes Konigreich 1801
Tim Ahearne |
1912: Schweden
Gustaf Lindblom |
1920: Finnland
Vilho Tuulos |
1924: Australien
Nick Winter |
1928: Japan 1870
Mikio Oda |
1932: Japan 1870
Chūhei Nambu |
1936: Japan 1870
Naoto Tajima |
1948: Schweden
Arne Åhman |
1952: Brasilien 1889
Adhemar da Silva |
1956: Brasilien 1889
Adhemar da Silva |
1960: Polen 1944
Józef Szmidt |
1964: Polen 1944
Józef Szmidt |
1968: Sowjetunion 1955
Wiktor Sanejew |
1972: Sowjetunion 1955
Wiktor Sanejew |
1976: Sowjetunion 1955
Wiktor Sanejew |
1980: Sowjetunion
Jaak Uudmäe |
1984: Vereinigte Staaten
Al Joyner |
1988: Bulgarien 1971
Christo Markow |
1992: Vereinigte Staaten
Mike Conley |
1996: Vereinigte Staaten
Kenny Harrison |
2000: Vereinigtes Konigreich
Jonathan Edwards |
2004: Schweden
Christian Olsson |
2008: Portugal
Nelson Évora |
2012: Vereinigte Staaten
Christian Taylor |
2016: Vereinigte Staaten
Christian Taylor |
2020: Portugal
Pedro Pablo Pichardo
Liste der Olympiasieger in der Leichtathletik
1934: Willem Peters | 1938: Onni Rajasaari | 1946: Valle Rautio | 1950: Leonid Schtscherbakow | 1954: Leonid Schtscherbakow | 1958: Józef Szmidt | 1962: Józef Szmidt | 1966: Georgi Stojkowski | 1969: Wiktor Sanejew | 1971: Jörg Drehmel | 1974: Wiktor Sanejew | 1978: Miloš Srejović | 1982: Keith Connor | 1986: Christo Markow | 1990: Leonid Woloschin | 1994: Denis Kapustin | 1998: Jonathan Edwards | 2002: Christian Olsson | 2006: Christian Olsson | 2010: Phillips Idowu | 2012: Fabrizio Donato | 2014: Benjamin Compaoré | 2016: Max Heß | 2018: Nelson Évora | 2022: Pedro Pablo Pichardo
Personendaten | |
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NAME | Szmidt, Józef |
ALTERNATIVNAMEN | Schmidt, Josef (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | polnischer Leichtathlet deutscher Abstammung |
GEBURTSDATUM | 28. März 1935 |
GEBURTSORT | Miechowitz bei Beuthen O.S. |