Riccardo Riccò (* 1. September 1983 in Formigine, Provinz Modena) ist ein ehemaliger italienischer Radrennfahrer. Er wurde Zweiter des Giro d’Italia 2008. Wegen Dopingvergehen wurde er dreimal gesperrt, zuletzt erhielt er 2020 eine lebenslange Sperre.
Schon als Nachwuchsfahrer war Riccò sehr erfolgreich. 2001 wurde er italienischer Juniorenmeister im Cyclocross. Zwei Jahre später gewann er eine Etappe beim Giro Ciclistico d’Italia. In der Saison 2004 wurde er italienischer Meister der U23-Klasse und gewann 2005 die Gesamtwertung inklusive zwei Etappen bei der Lombardischen Woche sowie eine Etappe der Toskana-Rundfahrt der U23.
2006 wurde Riccò Profi beim Team Saunier Duval-Prodir. 2007 gewann er beim Pro-Tour-Rennen Tirreno–Adriatico zwei Etappen und die Punktewertung. Zudem trug er einen Tag lang das Trikot des Gesamtführenden. Daraufhin wurde er für den Giro d’Italia nominiert und sollte zusammen mit dem Kletterspezialisten Leonardo Piepoli seinen Mannschaftskapitän und zweimaligen Sieger des Giros Gilberto Simoni am Berg unterstützen. Er gewann wie Piepoli eine Bergankunft und belegte am Ende den sechsten Platz in der Gesamtwertung. Allerdings verwehrte die Saunier-Duval-Teamführung Riccòs Tour de France-Start.
Im Jahr 2008 trat Riccò beim Giro d’Italia als Kapitän für sein Team Saunier-Duval Scott an. Er holte zwei Etappensiege und lieferte sich einen spannenden Kampf mit Alberto Contador um den Sieg.[1] Jedoch verlor er auf dem abschließenden Zeitfahren fast zwei Minuten und hatte keine Chance mehr. Während des Giros erregte er Unmut im Peloton durch seine Aussagen „Man braucht keine Freunde, um ein Rennen zu gewinnen“ und „Mit einem besseren Team hätte ich den Giro gewonnen.“[2] Nach Dopingvorfällen bei der Tour de France 2008 wurde er gesperrt.
Nach seiner Dopingsperre begann Riccò die Saison 2010 beim Team Ceramica Flaminia. Er gewann zwei Etappen der Österreich-Rundfahrt und holte sich auch den Gesamtsieg, obwohl er beim Zeitfahren am zweitletzten Tag schwer stürzte.[3] Ab dem 1. September 2010 stand er bei Vacansoleil unter Vertrag.
Das große Vorbild Riccòs ist nach eigener Aussage der verstorbene Tour de France- und Giro d'Italia-sieger Marco Pantani. Beide sind oder waren reine Kletterer mit dem Anspruch Grand Tours (Giro d’Italia, Tour de France, Vuelta a España) zu gewinnen. Riccò galt als das größte Talent im italienischen Radsport, da zu seinen Kletterkünsten auch noch Klassikerfähigkeiten hinzukamen.[4]
Beim Giro d’Italia 2007 lieferte Riccò nach der Bergankunft auf dem Monte Zoncolan eine als verdächtige angesehene Dopingprobe ab, da diese abnormal niedrige Hormonwerte aufwies, was ein Indiz für die Nutzung Doping maskierender Präparate darstellen kann.[5]
Riccò wurde bei der 95. Tour de France im Jahr 2008 in der A-Probe positiv auf EPO-Doping getestet. Er benutzte dabei vorbehaltlich der B-Probe EPO der dritten Generation, nämlich das Präparat CERA/Micera. Dieser dritte Dopingfall der Tour de France 2008 führte unmittelbar dazu, dass die Leitung von Riccòs Team Saunier Duval alle Fahrer aus dem Rennen nahm. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Team von den ersten 11 Etappen bereits drei Abschnitte für sich entscheiden können, davon zwei durch Riccò, der zu diesem Zeitpunkt das Gepunktete Trikot trug.[6] Im Anschluss an den Skandal entschied sich der Sponsor, mit sofortiger Wirkung aus dem Radsport auszusteigen.[7] Wenige Tage nach Ende der „Tour“ gab Riccò sein Vergehen zu.[8]
Im Juni 2010 wurde Riccò von einem französischen Gericht zu einer Haftstrafe von zwei Monaten auf Bewährung und einer Geldstrafe in Höhe von 3.000 Euro verurteilt. Das Gericht ahndete damit den Besitz und die Einnahme von Dopingpräparaten während der Tour de France 2008. Riccò war damals kurz nach seinen zwei beeindruckenden Etappensiegen positiv auf das Blutdopingmittel CERA getestet worden. Seine Anwälte hatten vergeblich argumentiert, dass der 26-Jährige bereits in Italien zu einer Geldstrafe von 5710 Euro verurteilt worden war. Außerdem war er 20 Monate lang gesperrt.[9]
Am 6. Februar 2011 wurde Riccò mit akutem Nierenversagen in ein Krankenhaus eingeliefert. Der anfangs kritische Zustand wurde später als stabil bewertet.[10] Zwei Tage später gestand er, sich eine Eigenbluttransfusion verabreicht zu haben mit Blut, das er 25 Tage im Kühlschrank aufbewahrt habe. Darauf führe er seine gesundheitlichen Schwierigkeiten zurück.[11] Als Folge wurde er zunächst von seinem Team Vacansoleil und dann im Juni 2011 vom italienischen Verband (FCI) aus gesundheitlichen Gründen suspendiert.[12][13] Im Oktober 2011 forderte das Nationale Olympische Komitee Italiens (CONI) für Riccò eine zwölfjährige Sperre[14]; am 19. April 2012 folgte das Nationale Anti-Doping-Tribunal Italiens diesem Antrag. Nachdem Riccò zu Beginn des Jahres 2012 eine beantragte Lizenz des kroatischen Radsportverbandes aus formalen Gründen – er hat keinen Wohnsitz in Kroatien – verweigert wurde,[15] erklärte er nach Bekanntgabe der Sperre zunächst seinen endgültigen Rücktritt,[16] erhob jedoch Berufung gegen das Urteil vor dem Weltsportgerichtshof Court of Arbitration for Sport (CAS) mit dem Vorwurf von Verfahrensfehlern und Parteilichkeit. Das Rechtsmittel wurde am 1. März 2013 durch den CAS-Schiedsrichter verworfen. Die Argumente Riccós seien unbegründet und insbesondere der Vorwurf der Parteilichkeit nicht dargelegt.[17][18]
Während des Ablaufs seiner zweiten Dopingsperre wurde Riccò im Dezember 2020 wegen versuchten Handels mit Dopingprodukten lebenslang gesperrt.[19]
Grand Tour | 2006 | 2007 | 2008 |
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![]() | – | 6 | 2 |
![]() | 97 | – | DNF |
![]() | – | – | – |
1947 Robert Renonce | 1948 Raymond Colliot | 1949, 1950 Richard Menapace | 1951, 1952 Franz Deutsch | 1953 François Gelhausen | 1954 Adolf Christian | 1955 Lars Nordwall | 1956 Roland Ströhm | 1957 Gunnar Wilhelm Göransson | 1958 Richard Durlacher | 1959, 1961 Stefan Mascha | 1960 René Lotz | 1962 Walter Müller | 1963 Jan Pieterse | 1964 Edy Schütz | 1965, 1966 Hans Furian | 1967 Rini Wagtmans | 1968 Jan Krekels | 1969 Matthijs de Koning | 1970, 1974, 1977 Rudolf Mitteregger | 1971 Roman Humenberger | 1972, 1973, 1975, 1976 Wolfgang Steinmayr | 1978 Jostein Wilmann | 1979 Herbert Spindler | 1980 Geir Digerud | 1981 Gerhard Zadrobilek | 1982, 1986 Helmut Wechselberger | 1983 Kurt Zellhofer | 1984 Stefan Maurer | 1985 Olaf Jentzsch | 1987 Dmitri Konyschew | 1988, 1990 Dietmar Hauer | 1989, 1992 Valter Bonča | 1991 Roman Kreuziger | 1993, 2000 Georg Totschnig | 1994 Harald Morscher | 1995 Steffen Kjærgaard | 1996 Frank Vandenbroucke | 1997 Daniele Nardello | 1998 Beat Zberg | 1999 Maurizio Vandelli | 2001, 2004 Cadel Evans | 2002, 2003 Gerrit Glomser | 2005 Juan Miguel Mercado | 2006 – | 2007 Stijn Devolder | 2008 Thomas Rohregger | 2009 Michael Albasini | 2010 Riccardo Riccò | 2011 Fredrik Kessiakoff | 2012 Jakob Fuglsang | 2013 Riccardo Zoidl | 2014 Peter Kennaugh | 2015 Víctor de la Parte | 2016 Jan Hirt | 2017 – | 2018, 2019 Ben Hermans
Der Sieger von 2006, Tom Danielson, wurde wegen Dopings nachträglich disqualifiziert. Der Sieger von 2017, Stefan Denifl, wurde wegen Dopings nachträglich disqualifiziert.
Personendaten | |
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NAME | Riccò, Riccardo |
KURZBESCHREIBUNG | italienischer Radrennfahrer |
GEBURTSDATUM | 1. September 1983 |
GEBURTSORT | Formigine, Provinz Modena |